Digitale Technologien in der klinischen Pflege: Muss Kommunikation neu gelernt werden?
Für die Qualität der Pflege sind vollständige und aktuelle Patienteninformationen zur richtigen Zeit am richtigen Ort unverzichtbar. Dabei können digitale Kommunikationsmittel hilfreich sein. Das Projekt erforschte in realen Arbeitssituationen in Spitälern, wie digitale Kommunikationsmittel eingesetzt werden und welcher Weiterbildungsbedarf besteht.
Projektbeschrieb (abgeschlossenes Forschungsprojekt)
Das Projektteam unter der Leitung von Dr. Patrizia Salzmann Grischig untersuchte, ob und wie sich die berufliche Kommunikation in Pflegeteams durch den Einsatz digitaler Hilfsmittel verändert. Dafür beobachteten sie, wie Pflegefachpersonen patientenrelevante Informationen mit digitalen Hilfsmitteln weitergaben. Anschliessend befragten die Forschenden sie zu ihren Erfahrungen. Auf dieser Basis konnte das Projekteteam typische Situationen identifizieren, die aus technologischer Sicht und/ oder im Hinblick auf erforderliche berufliche Kompetenzen als bedeutsam empfunden werden. Auf Grundlage dieser Situationen entwickelten sie gemeinsam mit Bildungsexperten Videos für die Aus- und Weiterbildung von Pflegekräften. Ebenso bilden diese Situationen eine Grundlage für die Entwicklung verbesserter technischer Lösungen.
Hintergrund
Die direkten Auswirkungen der Digitalisierung auf die Pflegetätigkeit sind bereits erforscht. Allerdings gibt es derzeit wenig Kenntnisse zur Kommunikation mit digitalen Hilfsmitteln, die auf realen Arbeitssituationen und Erfahrungen basieren.
Ziel
Das Forschungsteam identifizerte und dokumentierte zuerst Situationen, in denen Pflegefachpersonen digitale Kommunikationsmittel nutzen. Dann klärten sie, was Pflegefachpersonen wissen und können sollten, damit sie Informationen und Wissen über ihre Patienten optimal weitergeben können. Auf dieser Basis entwickelten sie Lernmaterialien für die Aus- und Weiterbildung von Pflegepersonal. Zudem konnte das Team von Patrizia Salzmann Gischig aufzeigen, wo Informations- und Kommunikations-Technologien die Pflege in Zukunft noch über besser unterstützen könnten.
Bedeutung
Dieses Projekt zeigt, wie digitale Hilfsmittel für die Weitergabe klinischer Informationen in Pflegeteams optimal genutzt werden können. So können wir auf Basis der realen Arbeitspraxis und Arbeitserfahrung die Aus- und Weiterbildung in der Pflege verbessern. Die Resultate können in der Medizininformatik genutzt werden, um das Design von digitalen Tools optimal an die Pflegepraxis anzupassen.
Resultat
Drei Hauptbotschaften
- In den bestehenden Rahmenlehrplänen Pflege sind digitale Kompetenzen nicht explizit enthalten. Die zunehmende Digitalisierung im Gesundheitswesen und die damit verbundenen Kompetenzanforderungen erfordern neue Aus- und Weiterbildungsinstrumente in der Pflege. Diese müssen die heutige und zukünftige digitale Arbeitspraxis berücksichtigen. Die im Digi-Care-Projekt dokumentierten realen Arbeitssituationen und damit verbundenen Kompetenzanforderungen können als Orientierung für die Entwicklung neuer Rahmenlehrpläne Pflege dienen.
- Trotz fortgeschrittener Digitalisierung in den Spitälern und einer weitgehend etablierten elektronischen Patientenakte finden wichtige Dokumentationstätigkeiten weiterhin parallel auf Papier statt und führen zu Medienbrüchen und der Gefahr von Fehlern. Hier sind technische Lösungen erforderlich, um passende digitale Abläufe zu entwickeln und die Gebrauchstauglichkeit der IT-Systeme zu verbessern.
- Einige der in diesem Projekt beobachteten Usability-Probleme hätten vermieden werden können, wenn bereits bei der Entwicklung des IT-Systems eine enge Zusammenarbeit zwischen den Entwicklern der Medizininformatik und dem medizinischen Personal etabliert worden wäre. Die Umsetzung solcher kollaborativen Designansätze hängt von der Bereitschaft der IT-Entwickler und des medizinischen Personals und den hierfür bereitgestellten Ressourcen ab.
Alle Ergebnisse sind auf der Projektwebsite zugänglich.
Originaltitel
Digitalisation and transmission of clinical information in nursing: implications and perspectives (digi-care)