Wie lässt sich Temporärarbeit über Online-Plattformen optimal gestalten?
In Pflege-Teams in Spitälern helfen häufig auch Temporärarbeitende mit, die über Online-Plattformen rekrutiert werden. Was hat das für eine Auswirkung auf die Qualität und die Teamdynamik?
Projektbeschrieb
Ein interdisziplinäres Forschungsteam der ZHAW sowie der Universitäten Basel und Fribourg untersuchte, wie plattformbasierte Temporärarbeit den Pflegealltag in Schweizer Spitälern verändert. Im Fokus standen die Auswirkungen auf Pflegequalität, Teamdynamik, Arbeitszufriedenheit und rechtliche Rahmenbedingungen.
Die Forschenden analysierten Daten einer Online-Vermittlungsplattform sowie Qualitätsdaten aus Spitälern. Sie führten Befragungen unter temporären und festangestellten Pflegefachpersonen durch und erhoben Perspektiven von Spitalleitungen. Zudem beobachteten sie Teams direkt bei der Arbeit, um Unterschiede in der Kommunikation und Zusammenarbeit zu erkennen. Auch die geltende Rechtslage zur Plattformarbeit wurde juristisch geprüft.
Hintergrund
Im letzten Jahrzehnt hat sich ein neuer Arbeitstrend etabliert: Crowd Working. Dabei handelt es sich um eine Form der Temporärarbeit, bei der Fachkräfte und Unternehmen über Online-Plattformen für zeitlich befristete Einsätze zusammenfinden. Plattformbasierte Temporärarbeit verspricht mehr Flexibilität – für Arbeitnehmende wie auch für Institutionen. Doch über die konkreten Auswirkungen dieser Arbeitsform war bisher noch wenig bekannt.
Ziel
Bisher richtete sich die Forschung zu Temporärarbeit vor allem auf wenig qualifizierte Arbeitskräfte. Dieses Projekt untersuchte erstmals systematisch die plattformbasierte Temporärarbeit von Pflegefachpersonen in Schweizer Spitälern. Ziel war es, ein umfassendes Bild dieser neuen Arbeitsform zu gewinnen – auf individueller, organisatorischer und systemischer Ebene.
Im Zentrum standen dabei folgende Fragestellungen:
- Wie funktionieren digitale Vermittlungsplattformen für Temporärarbeit – und welche Auswirkungen haben sie auf die Arbeits- und Lebenswelten des eingesetzten Pflegepersonals?
- Wie verändert diese Arbeitsform die Organisation, Abläufe und Qualität der Pflegearbeit im Spital?
- In welchem Ausmass trägt plattformbasierte Temporärarbeit zur Bewältigung des Fachkräftemangels in der Schweiz bei?
- Welche rechtlichen und regulatorischen Anpassungen sind nötig, um faire und sichere Rahmenbedingungen für alle Beteiligten zu schaffen?
Bedeutung
The project provides a sound foundation for addressing platform-based temporary work in the Swiss healthcare system. It shows how this new form of work can be sensibly regulated and offers specific recommendations – both for hospitals and care organisations as well as for temporarily employed care professionals. In addition, a concept has been developed to systematically observe and analyse the further development of this form of work.
Ergebnisse
Temporärarbeit über digitale Plattformen ist auch im Gesundheitswesen angekommen. Das Forschungsteam konnte zeigen, dass diese Form der Arbeit in Schweizer Spitälern bereits breit eingesetzt wird – jedoch in sehr unterschiedlichen Modellen: Manche Häuser setzen vor allem auf interne Personalpools, andere auf externe Plattformen. Temporärarbeit wird meist ergänzend eingesetzt, um Engpässe zu überbrücken – nicht als Ersatz für feste Stellen.
Drei Hauptbotschaften
1. Individuelle Ebene (Mikro):
Die generelle Arbeitszufriedenheit unterscheidet sich nicht zwischen temporär und fest angestellten Pflegefachpersonen. Temporär angestellte Pflegefachpersonen arbeiten im Schnitt 12 Schichten pro Jahr und in ca. 3 verschiedenen Institutionen pro Jahr. Die Erfolgsrate auf den Plattformen gebucht zu werden, ist mit über 80 % sehr gross.
2. Organisationsebene (Meso):
Online-Plattformen senken den administrativen Aufwand für Planung und Einsatz flexibler Arbeitskräfte. Für einen effektiven Einsatz in Teams sollten idealerweise Pool-Modelle genutzt oder dieselben Temporärkräfte mehrfach gebucht werden. Weiter sollten klar standardisierte Prozesse in den Organisationen vorhanden sein.
3. Systemebene (Makro):
Digitale Plattformen erleichtern die flexible Zuteilung von Pflegepersonal und die damit verbundenen Möglichkeiten für verschiedenste flexible Arbeitsmodelle tragen dazu bei, den Pflegenotstand in der Schweiz zu entschärfen. Damit diese Arbeitsform ihr Potenzial entfalten kann, braucht es passende gesetzliche Rahmenbedingungen – zu enge Regulierungen könnten die notwendige Flexibilität behindern.
Originaltitel
Crowd Working in der Schweiz (CroWiS)- eine interdisziplinäre Analyse am Beispiel von Temporärkräften in der Pflege