Digitale Transformation des Schweizer Gesundheitswesens: Die Hindernisse

Digitale Werkzeuge, wie ein elektronisches Patientendossier, können zu einer besseren Gesundheitsversorgung beitragen.

Die Medizin steht vor einer digitalen Transformation. In der Schweiz gibt es jedoch diverse Hindernisse, die Akteure aus dem Gesundheitswesen daran hindern, eine verantwortungsvolle digitale Gesundheit der Zukunft zu gestalten.

Im Rahmen eines intensiven Austauschs hat das Forschungsteam rund um ETH-Professorin Effy Vayena Akteure aus dem Gesundheitswesen zusammengebracht und zu den wichtigsten Hindernissen für eine verantwortungsvolle digitale Gesundheit befragt. Die Befragungen waren «unerwartet erfolgreich», denn 46 hochrangige Vertreter:innen der wichtigsten Interessensgruppen waren bereit, ihre Meinungen zu teilen. Rund 100 digitale Sitzungen, moderierte Diskussionen und individuelle Bearbeitungen führten schlussendlich zu einer webbasierten Mind-Map der wichtigsten Hindernisse für eine verantwortungsvolle digitale Gesundheitsversorgung in der Schweiz.

Finales Mind-Map – Anonymisiert und farblich codiert.
Finales Mind-Map – Anonymisiert und farblich codiert.

Haupthindernisse für die digitale Gesundheit

Vayena und ihr Team teilten die Haupthindernisse für eine verantwortungsvolle digitale Gesundheit in drei Gruppen ein:

  • Inneffektive Zusammenarbeit der Stakeholder
  • Mangelndes ethisches Bewusstsein bei den Innovatoren im Bereich der digitalen Gesundheit
  • Fehlende Standards und Richtlinien
Tabelle: Übersicht über die Hinderniscluster.
Tabelle: Übersicht über die Hinderniscluster.

Grund 1: Ineffiziente Zusammenarbeit der Interessensgruppen

Die digitale Gesundheit findet in komplexen, voneinander abhängigen Akteurnetzwerken statt. Die in jüngster Zeit in die Branchen eingetretenen Akteure, darunter Start-Ups und grosse Technologieunternehmen (z.B. Amazon, Microsoft) erhöhen die Komplexität dieses Ökosystems noch weiter. Die Zusammenarbeit in diesem Umfeld ist ineffizient. Zudem erschweren fehlende einheitliche Standards oder zentrale Plattformen die Zusammenarbeit.

Die Teilnehmenden betonen, dass es bei einzelnen Hauptakteuren an Anreizen mangle, eine verantwortungsvolle digitale Gesundheit zu unterstützen und zu verfolgen.

Grund 2: Innovatoren im Bereich der digitalen Gesundheit fehlt es oft an ethischem Bewusstsein

Die befragten Stakeholder wiesen darauf hin, dass Innovatoren als frühe Architekten der Technologie einen ungewöhnlich grossen Einfluss auf die digitale Gesundheit hätten (Softwareentwicklern, Datenwissenschaftler, Innovationsmanager etc.). Sie treffen frühe Designentscheidungen (Welche Daten werden verwendet, welche Nutzer bedient, wie der Algorithmus kodiert wird etc.) und haben somit einen prägenden Einfluss auf Tausende von Bürger:innen, sobald die Technologie breit verwendet wird. Machen sich die Innovatoren, beispielsweise aus Ressourcengründen, nicht ausreichend Gedanken über ethische Fragen und moralische Verantwortung, kann dies später zu einem Hindernis für eine verantwortungsvolle digitale Gesundheit werden.

Grund 3: Mangel an angemessener Regulierung

Die Akteure waren sich weitgehend einig, dass die bestehende Regulierung im Gesundheitswesen nicht genügt. Rechtsunsicherheit wurde denn auch häufig als grosses Hindernis für eine verantwortungsvolle Innovation genannt. Dies führen sie sowohl auf das Fehlen klarer, neuer Vorschriften als auch die Komplexität der geltenden Vorschriften zurück.

Die Haupthindernisse für eine verantwortungsvolle digitale Gesundheit sind in der Publikation detailliert nachzulesen.