Der Schweizer Arbeitsmarkt in der digitalen Transformation
Das Projekt erhob neuartige Daten von Arbeitsmarktakteuren, um Risiken und Chancen des digitalen Wandels sowie erfolgreiche Bewältigungsstrategien zu identifizieren.
Projektbeschrieb
Das Projekt erhob neuartige Umfragedaten zu Arbeitgebern und verschiedenen Gruppen auf der Arbeitsangebotsseite, um zu dokumentieren, wo diese in der digitalen Transformation stehen und um möglichen Interventionsbedarf aufzudecken. Auf der Arbeitsnachfrageseite wurde untersucht, wie sich der digitale Wandel auf Beschäftigungsverhältnisse und die Organisationsstruktur auswirkt und ob dies für Arbeitnehmer oder Unternehmen von Vorteil ist. Auf Arbeitsangebotsseite untersuchte das Forschungsteam Skill-Mismatch bei Studierenden als künftige Arbeitsmarkteinsteiger und Stellensuchenden als potenzielle Risikogruppe. Ausserdem entwickelte, testete und evaluierte das Team Massnahmen, die diesen Gruppen helfen können den digitalen Wandel besser zu bewältigen.
Hintergrund
Die digitale Transformation führt zu erheblichen Veränderungen der Arbeitsinhalte und den dafür benötigten Kompetenzen. Dabei hängt das Ausmass möglicher Disparitäten auf dem Arbeitsmarkt entscheidend davon ab, wie das Arbeitsangebot auf diese Entwicklungen reagiert. Darüber hinaus verändert die Digitalisierung ganze Managementsysteme und schafft sowohl neue Chancen als auch Herausforderungen für die Gestaltung von Beschäftigungsverhältnissen und Organisationsstrukturen.
Ziel
Das Projekt verfolgte drei Ziele. Erstens schloss das Forschungsteam mit der Erhebung neuartiger Daten für die Schweiz wichtige Wissenslücken. Zweitens identifizierte es Risikogruppen mit Kompetenzlücken auf der Arbeitsangebotsseite sowie Erfolgsfaktoren für Arbeitgeber. Drittens lieferte das Projekt wichtige Inputs für die Gestaltung effektiver Interventionen, um negative Auswirkungen der digitalen Transformation auf den Arbeitsmarkt abzumildern.
Bedeutung
Die Ergebnisse für die Arbeitsangebotsseite unterstreichen die Bedeutung objektiver Informationen über die Kompetenzanforderungen von Jobs und die Erträge des Kompetenzerwerbs auf dem Arbeitsmarkt als Input für Entscheidungen über Humankapitalinvestitionen. Darüber hinaus wäre es vorteilhaft, standardisierte Instrumente zu entwickeln, um Kompetenzen der Arbeitnehmer objektiv einzuschätzen und so Verzerrungen bei der Selbsteinschätzung als potenzielles Hindernis für Investitionen zu beseitigen. Gleichzeitig muss künftige Forschung die Ursachen und Folgen von Fehleinschätzungen der eigenen Fähigkeiten und Kompetenzanforderungen genauer untersuchen. Auf der Nachfrageseite müssen Firmen erkennen, dass die Einführung neuer digitaler Technologien nicht nur Anpassungen in den Arbeitsprozessen, sondern auch in der Gestaltung von Beschäftigungs-verhältnissen und Organisationsstrukturen erfordert, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten.
Originaltitel
The Swiss labour market in the digital transformation (SWISSLAB)
Ergebnisse
Drei Hauptbotschaften
- Die digitale Transformation geht mit einschneidenden Veränderungen betreffend Beschäftigungsverhältnisse, hierarchische Strukturen und Organisationsarchitektur einher. Digitale Technologien ermöglichen eine bessere und kosteneffizientere Überwachung, was dazu führt, dass Unternehmen mehr Leistungsanreize für ihre Mitarbeitenden schaffen. Dabei nutzen technologiefreundliche Firmen häufiger solche Leistungsanreize als Firmen, die neuen Technologien skeptisch gegenüberstehen. Zudem bewirkt die Anwendung von HR-Analysetools eine Dezentralisierung der Entscheidungsprozesse, wodurch die Mitarbeitenden mehr Verantwortung erhalten. Ein Teil der Beschäftigten könnte von der digitalen Transformation profitieren.
- Es besteht die Gefahr, dass weibliche Studierende bei der digitalen Transformation in Rückstand geraten. Sie investieren deutlich weniger in den Erwerb von digitalen Kompetenzen als Männer. Drei Ursachen sind für diese Geschlechterkluft beim Kompetenzerwerb verantwortlich: Erstens sind Studentinnen im Durchschnitt weniger stark der Meinung, dass sich digitale Kompetenzen auszahlen, zweitens unterschätzen sie das für relevante Stellen erforderliche Niveau an digitalen Kompetenzen und drittens haben sie eine ausgeprägte Abneigung gegenüber Stellen, bei denen digitale Kompetenzen im Zentrum stehen. Es ist zentral, diese Hindernisse für Investitionen von Frauen in den Erwerb von digitalen Kompetenzen zu beseitigen, wenn eine zunehmende Geschlechterkluft auf dem Arbeitsmarkt verhindert werden soll.
- Ähnliche geschlechtsspezifische Unterschiede zeigen sich unter Stellensuchenden. Weibliche Arbeitssuchende schätzen ihre digitalen Fähigkeiten systematisch schlechter ein als männliche, und es ist wahrscheinlicher, dass sie potenzielle Kompetenzlücken haben. Dasselbe gilt für ältere Arbeitssuchende im Vergleich zu jüngeren. Dies bestätigt die Befürchtung, dass Frauen und ältere Arbeitssuchende in der digitalen Transformation Risikogruppen sind. Überdies hat sich gezeigt, dass Arbeitssuchende relativ wenig offen sind für Stellen, die andere Kompetenzen erfordern als ihre bisherige Beschäftigung, selbst bei relativ grossen Kompetenzüberschneidungen. Wenig Bereitschaft besteht auch zur Annahme einer Stelle mit tieferem Lohn, insbesondere bei männlichen Arbeitssuchenden. Dieser Mangel an Flexibilität in Bezug auf Kompetenzen und Löhne ist ein potenzieller Risikofaktor im Anpassungsprozess an veränderte Anforderungen auf dem Arbeitsmarkt, der sich sowohl kurz- als auch langfristig negativ auf den Erfolg von Stellensuchenden auswirken kann.